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Rindergrippe in der Kälberaufzucht rechtzeitig erkennen und vermeiden

18.10.2011

Die Tage werden jetzt immer kürzer, es wird kälter und die Niederschlagsmengen steigen stetig an. Für Kälber ohne ausreichenden Schutz und ohne starkes Immunsystem sowie bei schlechten Hygiene- und Haltungsbedingungen besteht daher ein hohes Risiko, dass sie an Kälbergrippe erkranken. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig die Haltung und das Hygienemanagement zu verbessern. Ebenso wichtig sind aber auch Impfprogramme und entsprechende Therapien um einen starken Rückgang der Tageszunahmen nach Lungenerkrankungen zu vermeiden.

Stallluft optimieren

Für die Erkrankung der Tiere mit Rindergrippe spielt die Stallluft eine wichtige Rolle. In schlecht belüfteten, sogar überbelegten Ställen reichern sich Schadgase wie Ammoniak an, die die Atemwege reizen. Da gleichzeitig fast zwangsläufig hohe Luftfeuchtigkeit im Stall vorliegt, wird dadurch der Keimgehalt der Luft gesteigert. In warmer Umgebungsluft atmen die Kälber sehr tief in die Lunge ein. Je tiefer und schneller sie atmen, desto größer ist die Gefahr, dass die in der Atemluft enthaltenen Schafstoffe, Staub und Keime bis tief in die Lunge hinunter gesogen werden.
Doch nicht nur eine schlechte Stallluft, sondern auch Temperaturschwankungen, Auskühlen und Zugluft begünstigen die Lungenbesiedlung mit Keimen. Deshalb ist es wichtig, dass Kälber im Liegebereich vor herabsinkender Kaltluft geschützt sind. Separate Kälberställe oder-iglus, die mit der Öffnung von der Wetterseite abgewandt sind und eine Überdachung haben, bieten sehr gute Vorteile. Im Maststall ist eine gute Luftqualität ebenfalls wichtig. Mittels einer Rauchprobe lassen sich die Zu- und Abluftverhältnisse im Stall überprüfen- sie kann anzeigen, ob Kaltluft ungünstig hereinfällt oder ob belastete Luft zum Beispiel über den Güllekanal angesaugt wird.

Rechtzeitig reagieren

Wer die ersten Anzeichen einer Rindergrippe bemerkt und sofort eingreift, kann den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen. Eine Rindergrippeerkrankung verläuft typischerweise in mehreren Stadien:

Zuerst wird das Immunsystem durch Stress gedämpft. Viren können dadurch leichter in den Organismus eindringen und sich in einer vorgeschädigten Lunge eines geschwächten Organismus ausbreiten. Dort zerstören sie in erster Linie den Selbstreinigungsmechanismus der Lunge. Die gereizte Lunge bildet verstärkt zähen Schleim- durch eine gezielte Beobachtung können hier kranke Kälber schon entdeckt werden. Besonders sollte man dabei die Atemfrequenz und die Temperatur im Auge behalten:  ab 37 Atemzügen in der Minute ist die Atemfrequenz erhöht, eine Temperatur ab 39,5°C bedeutet das erste Alarmsignal.
Jetzt finden Bakterien ein optimales Milieu. Eine bakterielle Zweitinfektion verschlimmert nach drei bis fünf Tagen die Symptome deutlich. Matte Kälber, die nicht mehr trinken und sich absondern, sind deutliche Anzeichen. Oft husten sie stark und stehen als Zeichen der Atemnot breitbeinig mit gesenktem Kopf und weit geöffneten Nasenlöchern. Es ist jetzt allerhöchste Eisenbahn sich um eine konsequente tierärztliche Behandlung zu kümmern. Die Spätfolgen können ansonsten gravierend sein. Wird z.B. die Behandlung zu spät begonnen, die Dosierung der Medikamente zu niedrig angesetzt oder zu früh abgesetzt, führt das fast unweigerlich zur Verschleppung der Krankheit und zur aussichtslosen Verklebung der Lunge. Je stärker dabei das Lungengewebe verändert ist, desto stärker ist auch die Ausprägung der chronischen Erkrankung. Oft kümmern dann die Kälber. Spätfolgen können deshalb nur durch sorgfältige Tierkontrolle, tägliche Beobachtung und schnelles Handeln vermieden werden.

Quelle: „Gewinne nicht weghusten“ von Dr. med. vet. Jutta Berger, dlz agrarmagazin 10/2011