Remontierung des Sauenbestandes – keine Standardlösung (Teil 1)
Eigenremontierung von Jungsauen ist ein heikles Thema. Einerseits ist die Tiergesundheit dadurch besser gewährleistet, andererseits stellt das System hohe Ansprüche an das Management und die züchterischen Fähigkeiten des Betriebsleiters. Professor Steffen Hoy von der Justus-Liebig-Universität in Gießen gibt einen Überblick über verschiedene Remontierungsverfahren und zeigt auf, was zu beachten ist.
Die Diskussion gründet vor allem auf der Tatsache, dass viele Betriebe in den letzten Jahren zunehmend mit der Aufrechterhaltung ihrer Herdengesundheit zu kämpfen hatten. Die Sauenherden werden größer und die verschiedenen Keimwelten in den Betrieben immer heterogener. Treffen nun Tiere aus unterschiedlichen Herden aufeinander, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Problemen mit der Tiergesundheit, was sich wiederum negativ auf Kenndaten der Sauenleistung auswirkt, da natürlich auch die Jungsauen betroffen sind. Die Auswirkungen sind auch wirtschaftlich spürbar: fast 14% der Direktkosten in der Ferkelerzeugung entfallen auf den Block Tierarzt- und Medikationskosten. Um diese Kosten nachhaltig zu senken, ist es notwendig, über neue Konzepte im Bereich Tiergesundheitsmanagement nachzudenken.
Viele der angewendeten Strategien sind jedoch nicht vollständig zufriedenstellend. Somit rückt das Thema Eigenremontierung immer weiter in den Vordergrund.
Das Prinzip der Eigenremontierung entwickelte sich aus der zeitlich begrenzten Anwendung zur Stabilisierung des Bestands nach einem Infektionsausbruch hin zum dauerhaften Closed-Herd-System (Dänemark und Niederlande: 30% der Betriebe), um den Eintrag von Fremdkeimen so gut wie auszuschließen.
Biosecurity ist das Schlagwort, wenn es um die Einführung der Eigenremontierung geht. Wichtig ist hierbei vor allem die konsequente Durchführung des All-out-All-in-Verfahrens sowie gründlichste Reinigung und Desinfektion der Ställe. Oberste Priorität hat Hygiene auch in den Bereichen Transport und Personal.
Vorteile der Eigenremontierung
- Verbesserung der Herdengesundheit
- Qualität der Jungsauen kann direkt durch den Betriebsleiter gelenkt werden
- Einsparung von Kosten bei optimalem Management
Nachteile und Grenzen
- Höherer organisatorische Aufwand vor allem im Bereich Zucht
- F1-Katraten bringen schlechtere Marktpreise
- Stärkere Schwankungen in der Herdenleistung und langfristige womöglich eine Degression derselben
Das Closed-Herd-Prinzip ist nur dann erfolgreich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das Herdenmanagement sollte reibungslos funktionieren, da eine Zuchtplanung in Zusammenhang mit durchgehenden Leistungsprüfungen und Selektion durchgeführt werden muss. Auch bauliche Elemente müssen vorhanden sein wie separate Stallplätze für die Ferkel und die Jundgsauen-Aufzucht. Werden die Vermehrungskastraten im Betrieb gemästet, sind preisliche Einbußen miteinzukalkulieren.
In der Eigenremontierung sind unterschiedliche Verfahren möglich.
1) Verfahren der „Kernherde mit Zukauf“
Dieses Verfahren eignet sich ab 250 Zuchtsauen. Zugekauft werden nur Jungsauen für die Remontierung der Großelterntiere, womit sich die Zahl der Zukäufe auf etwa 10% verringern lässt. 8-10% der Bestandssauen werden dabei als Kernherde genutzt, die mit Sperma von Ebern anderer Linien oder Rassen besamt werden, um einen Heterosiseffekt in den züchterisch bedeutsamen Merkmalen zu erhalten. Damit erhält man 90% Hybridsauen, welche mit fleischbetonten Ebern wie Pietrain oder Duroc angepaart werden und Mastferkel bester Qualität liefern.
2) Verfahren der „Kernherde ohne Zukauf“
Das Closed-Herd-System stellt hohe Ansprüche an die züchterischen Skills des Betriebsleiters, da auch die Großelterntiere aus dem eigenen Bestand remontiert werden. Dazu muss mindestens 1% des Bestandes aus einer Reinzucht stammen. Diese Sauen werden dann in Linienzucht vermehrt, um reinrassige Großelterntiere zu erhalten. Der weitere Ablauf entspricht dem Verfahren mit Zukauf, es werden also Hybridelterntiere mit einem Herdenanteil von 90% gezüchtet. Etwa 10% des Bestandes sind Großelternsauen. Es wird offensichtlich, dass der Betrieb also drei Teilherden aufbauen muss und sich damit der Aufwand für Management und Disposition erhöht.
3) Verfahren der „Wechselkreuzung“
Für kleinere Betriebe ist die Wechselkreuzung eine gute Alternative, bei der zwei bis drei Rassen oder Linien zum Einsatz kommen.
Die
Wechselkreuzung bietet gegenüber der Kernherde einige Vorteile. Sie ist nicht
nur einfacher in der Organisation, sondern bietet auch eine größere Auswahl an
Sauen zur Zuchtanpaarung, da alle Bestandssauen zur Zucht genutzt werden
können. Außerdem ist es nicht nötig, Jungsauen zuzukaufen. Allerdings birgt dieses Verfahren auch
Nachteile. So fällt der Heterosiseffekt deutlich geringer aus als bei der
Hybridzucht, im Bestand existieren zwei unterschiedliche Sauentypen und die
Streuung in den Leistungsparametern der Nachkommen ist größer.
Für die Zuchtanpaarungen in der Wechselkreuzung werden die jeweils besten 10%
des Bestandes eingesetzt und mit Ebern einer anderen Rasse als der Vaterrasse
der Sau gedeckt. Meistens werden die ersten beiden Würfe einer Sau mit
Endstufenebern produziert, um das Leistungspotential des Tieres abschätzen zu
können. Der Betriebsleiter muss unbedingt
ein Augenmerk auf die Abstammungen haben, um Inzucht zu vermeiden. Folgende Kriterien helfen dem Zuchtleiter bei
der Selektion:
- Stabiles Fundament
- +1 Ferkel als der Herdendurchschnitt in Wurf- und Aufzuchtleistung
- Mind. 2*7 funktionsfähige Zitzen
- Langlebigkeit
Generell kann man die Unterstützung durch ein Zuchtunternehmen empfehlen.
Berechnung für einen Ferkelerzeugerbetrieb mit 300 Produktions- und 30 Großelternsauen
Kosten der Eigenremontierung bei unterschiedlichen Aufzuchtkosten und Lizenzgebühren, in Euro/Jahr |
||
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Variante A |
Variante B |
Mindererlöse Kastraten |
3.300 |
3.300 |
Aufzuchtkosten Jungsauen |
23.400 |
3.600 |
Mehraufwand Sperma |
480 |
480 |
Lizenzgebühr |
6.000 |
1.800 |
Remontierung der Großelterntiere |
4.500 |
4.500 |
Aufwand gesamt |
37.680 |
46.080 |
Schlachterlös für selektierte
Jungsauen |
6.000 |
600 |
Jungsauenzukauf |
35.40 |
35.640 |
Kostendifferenz gegenüber
Jungsauenzukauf |
-3.960 |
4.440 |
Quelle: DGS Magazin 13/2011, S. 45
Professor Steffen Hoy in DGS
Magazin 13/2011, S. 47“