Kühe sehen anders
Prof. Dr. Klaus Reiter von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft führt Studien zur Bedeutung von Licht bei Rindern durch. Hieraus können wichtige Ergebnisse für den Umgang mit den Tieren und beim Stallbau berücksichtigt werden. Rinder haben nämlich im Vergleich zum Menschen einen anderen Sichtbereich, eine andere Sehschärfe, ein anderes Bewegungssehen und ein anderes Bildauflösungsvermögen. Zusammengefasst bedeutet das:
- Der Sichtbereich der Rinder liegt durch die seitlich am Kopf liegenden Augen bei rund 330°C, ihr Sehvermögen ist dadurch allerdings stark eingeschränkt.
- Das Bildauflösungsvermögen von Kühen ist geringer, deshalb auch die Empfehlung, dass in der Nähe keine hektischen Bewegungen gemacht werden sollten. Im Gegensatz zum Menschen, der nur ca. 25 Bilder pro Sekunde erkennt, sind es beim Rind 40 bis 60 Bilder pro Sekunde. Im Rot-Bereich sehen Rinder nur sehr schlecht, dafür liegen ihre Sehstärken im blau-grün Bereich.
- Die Sehschärfe beträgt auch nur rund 30 Prozent im Vergleich zum Menschen. Sie nehmen nur unscharfe Konturen wahr und haben es schwer, Kontraste zu erkennen
- In der Nacht hingegen können Rinder aufgrund einer reflektierenden Schicht im Auge besser sehen als der Mensch. Für die Praxis sind diese Erkenntnisse gerade beim Umgang mit Rindern von großer Bedeutung. Z.B. beim Verladen auf dunkle Anhänger und bei der Ausleuchtung der Ställe kann dies eine große Hilfe sein, da sich das Rind langsamer an Hell-Dunkel-Unterschiede gewöhnt im Vergleich zum Menschen. Insgesamt sind nach Reiter viele Ställe zu dunkel. Hier müsste die Sonneneinstrahlung besser genutzt werden, im Optimalfall allerdings so, dass die Liegeflächen in der Mittagszeit nicht bestrahlt werden.
Licht trägt nicht nur zum Kuhkomfort im Stall bei, sondern kann auch das Wachstum und den Eintritt der Geschlechtsreife beeinflussen (z.B. durch Lichtrhythmen). Zusätzliche Beleuchtung im Winter kann auch zu Leistungssteigerungen von bis zu zwei Kilogramm Milch pro Tag führen- allerdings sind diese nicht unbegrenzt. Wichtig ist auch, dass bei Trockenstehern Erholungspausen für den Organismus eingelegt werden.
Nicht nur die Lichtmenge, auch die Lichtqualität spielt nach Erkenntnissen des Wissenschaftlers eine wichtige Rolle. LED-Lampen entsprechen hierbei eher den natürlichen Lichtbedürfnissen als die üblicherweise verwendeten Natrium-Dampflampen. Reiter empfiehlt hier für die Zeit nach Sonnenuntergang Beleuchtungsstärken von 100 bis 150 Lux.
Quelle: “Beim Stallbau sollte das Sehvermögen vom Milchvieh berücksichtigt werden“ von Dr. Ute Zöllner (http://www.vet-magazin.com)