Kälberverluste verringern
Durchschnittlich liegen die Kälberverluste in Deutschland bei rund zehn Prozent. In einzelnen Betrieben liegen sie noch deutlich darüber. Der wirtschaftliche Schaden wird dabei oft unterschätzt.
Häufig werden nur die Verkaufswerte des Einzeltiers berücksichtigt. Doch müssen bei einem verendeten Kalb auch die bereits entstandenen Kosten für Aufzucht (Lohnansatz und Futtermittel) sowie angefallene Tierarztkosten mit eingerechnet werden. Die Höhe der Kosten hängt demnach maßgeblich vom Alter des Tieres ab, in dem das Tier verendet. Bei totgeborenen oder kurz nach der Geburt verendeten Kälbern liegen die Einbußen beim Wert des Tieres zum Zeitpunkt der Geburt, der abhängig von Rasse und Geschlecht ist. Bei Kälbern, die im Laufe der Tränkephase abgehen, müssen die Futterkosten je Tränketag sowie der Arbeitsaufwand mit jeweils etwa 1 Euro in Rechnung gebracht werden. Verendet ein Kalb nach der Tränkeperiode müssen für jeden Lebenstag nach der Tränkeperiode Futterkosten in Höhe von 40 Cent sowie 31 Cent Lohnansatz berechnet werden. Das heißt mit steigendem Alter steigen auch die Verluste. Wurde das Kalb zudem in Vorfeld noch behandelt, müssen die Kosten für Tierarzt und Medikamente berücksichtigt werden, die bei einer schweren Durchfallerkrankung rund 40 Euro betragen.
Vor allem beim Verenden weiblicher Tiere entstehen einem Betrieb weitere Einbußen, die nur schwierig zu erfassen sind. Zu nennen wäre da der entgangene Zuchtfortschritt, da mit jedem verendeten Kalb weniger selektiert werden kann. Sind die Kälberverluste sehr hoch besteht die Gefahr, dass die eigene Nachzucht zur Bestandsergänzung nicht mehr ausreicht und dann Tiere zur Bestandsergänzung zugekauft werden müssen. Dabei ist zu bedenken, dass der Zukauf von Tieren das Risiko der Einschleppung von Krankheiten birgt. Bei einer hohen Kälbersterblichkeit ist bei den überlebenden Tieren mit Leistungseinbußen zu rechnen, was sich zum einen in unbefriedigenden Aufzuchtleistungen, als auch in der späteren Nutzungsphase der Tiere zeigt.
Die meisten Kälberverluste sind innerhalb des ersten Lebensmonats zu verzeichnen. Die Ursachen liegen häufig bei bakteriellen (vor allem E.coli und viralen (vor allem Rota und Corona) Durchfallerregern oder einzelligen Parasiten (vor allem Kryprosporidien), die ebenfalls Durchfall hervorrufen. Um Durchfallerkrankungen, sowie anderen Verlustursachen wie Atemwegserkrankungen vorzubeugen, ist es in erster Linie wichtig das Management in der Kälberaufzucht zu optimieren. Wichtig sind weitreichende Hygienemaßnahmen (vor allem Geburtshygiene und Tränkehygiene) zur Verringerung der Ansteckungsgefahr. Zudem gilt es die Abwehrkräfte der Kälber durch bestmögliche Haltungsbedingungen, durch eine ausgewogene und bedarfsgerechte Fütterung, sowie durch eine eventuelle Impfung zu stärken.
Werden neben den direkten Verlusten auch die Folgen der entgangenen Nutzung eines verendeten Kalbes berücksichtigt, zeigt sich, dass Kälberverluste von über 10 Prozent aus wirtschaftlicher Sicht nicht akzeptabel sind und eine Minimierung der Kälberverluste unbedingt angestrebt werden muss. Um das Ziel einer Verlustrate von unter 5 Prozent umsetzen zu können, ist während der gesamten Auszuchtphase ein hohes Maß an Konsequenz und Planung in den Bereichen Haltung, Fütterung und Hygiene erforderlich.
„Wert des Kalbs wird häufig unterschätzt“ von S. Brändle – dlz primus rind 9/2010