/ Service / Aktuell & Interessant / Nachrichtenleser

Heuschrecken, Mehlwürmer und Grillen - die Zukunft der Fleischindustrie?

06.07.2012

Nach Meinung der Welternährungsorganisation FAO können die Menschen zukünftig nicht mehr ohne Insekten satt werden. Arnold van Huis, Professor im niederländischen Wageningen sagt, dass vor 20 Jahren die Menschen 20 kg Fleisch pro Kopf gegessen haben, heute sind es 50 kg und in 20 Jahren werden es wahrscheinlich schon 80 kg sein. Da im Jahr 2050 prognostizierte 9 Milliarden Menschen auf der Erde sein werden, bräuchte man davon allerdings eine zweite um der Versorgung gerecht zu werden.
Aus diesem Grund sollte nicht nur in Ländern wie Thailand, China oder Afrika der bereits etablierte Konsum von Insekten auch in den westlichen Ländern irgendwann Einzug erhalten. Laut dem FAO-Bericht "Humans Bite Back" gibt es weltweit mehr als 1400 essbare Insektenarten. Allerdings treffen Mehlwürmer, Heuschrecken oder Grillen noch nicht jeden Geschmack.

Insekten enthalten viele Nährstoffe

Aus ernährungsphysiologischer Sicht liefern Insekten genau wie andere tierische Lebensmittel auch einen guten Anteil Proteine. Sie sind fast frei von Kohlenhydraten, äußerst fett- und somit cholesterinarm sowie reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. In Thailand hat die Kommerzialisierung, wenn auch im kleinen Rahmen, bereits begonnen. Hier werden Käfer und Raupen nicht mehr nur im Wald und auf Feldern gesammelt. Laut FAO betreiben etwa 15000 Menschen mit einfachsten Mitteln kleine Insektenzuchten – seit 1999 wächst das Geschäft. Die Insekten können von einer Familie alleine als Nebenprojekt gezüchtet werden und bringen so zusätzliches Einkommen. Der Verzehr von Insekten hat hier jedoch nicht unbedingt etwas mit Armut zu tun, sondern mit Tradition. Zu einigen Jahreszeiten ist die Nachfrage so groß, dass aus anderen Ländern importiert werden muss.

Geringe Nachfrage in Deutschland und den USA

Trotz der bisher geringen Nachfrage in der westlichen Welt nach dieser anderen Art von Fleisch, haben sich in den USA bereits erste Jungunternehmer auf die Insektenzucht ausgerichtet. Der 21-jährige Student Harman Singh Johar ist so ein Exemplar. Er studiert Insektenkunde und will mit seiner noch jungen Firma "World Entomophagy" Insekten einer breiten Masse als Nahrungsmittel zugänglich machen und sie im industriellen Maßstab züchten. Momentan muss jedoch noch der Schrank in seinem Studentenzimmer als Insektenaufzuchtstation genügen. Er verkauft z.B. eine 100-Gramm-Dose gefriergetrocknete Mehlwürmer oder ein Paket mit 200 Grillen für je 15 Dollar (ca. 11 Euro). Um den ersten Ekeln vor dieser speziellen Fleischart zu überwinden ist es laut Johar empfehlenswert, mit Mehlwürmern einzusteigen. „Diese schmecken fast wie Popcorn.“

Probleme bei der industriellen Produktion

Dass sich der insektenhaltige Speiseplan dennoch nicht als Standard etablieren wird, hat mehrere Gründe: Neben der eher geringen Nachfrage gibt es auch Probleme bei der industriellen Produktion: Die Tiere müssten in großen Massen auf engstem Raum gehalten werden, was den Einsatz von Medikamenten sehr wahrscheinlich macht. Es ist außerdem bisher nicht bekannt, von welchen Krankheiten diese Tiere alle befallen werden und welche Hygieneprobleme bei einer Massenproduktion auftreten können. Außerdem darf nicht davon ausgegangen werden, dass Insekten zur Erzeugung von Lebensmitteln einfach mit irgendwelchen Abfällen gefüttert werden können. Sie brauchen, wie alle anderen Lebewesen auch, hochwertige und hygienisch einwandfreie Nahrung, damit sie wachsen und gedeihen. Erst dann kommen sie aus der Sicht der Lebensmittelsicherheit überhaupt als potenzielle Nahrung für den Menschen in Frage. Möglicherweise müsste man Berge von Salat anbauen um diese zu füttern. Dann wäre es allerdings effizienter, diesen Salat gleich selbst zu essen.

Quelle: „Warum Insekten nicht unser neues Fleisch werden“ von D. Szewczyk aus http://www.welt.de