/ Service / Aktuell & Interessant / Nachrichtenleser

Einkommensalternative Schneckenmast

18.11.2011

Heinz Strache (60) aus Hermerode hält seit fünf Jahren auf 2 ha Land 200 Millionen Schnecken. Der Raumausstatter ist in der Landwirtschaft groß geworden und hatte schon immer großen Bezug zur Natur und zum Landleben. Als er 2003 im Fernsehen eine Reportage zum Thema Schneckenzucht und Delikatessen in Frankreich angeschaut hat, war das für ihn der ausschlaggebende Moment als Raumausstatter eine Einkommensalternative zu beginnen.
Da das Sammeln von Weinbergschnecken aus der freien Natur zum Verzehr verboten ist und nur noch aus einer Zucht auf den Speisekarten der Restaurants oder in Feinkostläden angeboten werden darf, kam ihm die zündende Idee, eine Schneckenfarm zu betreiben.

Insgesamt investierte er 78 000 Euro in das Unternehmen „Harzer Weinbergschnecken“. Auf der 2 ha großen Grünlandfläche trennt er mit Netzen schmale Gehege ab, zwischen denen er Laufgänge anlegt um die Tiere beobachten zu können, sie zu füttern und sie an heißeren Tagen mit Wasser zu befeuchten.
Die Haltung und Fütterung der Weinbergschnecken ist je nach Rasse sehr unterschiedlich: Helix pomatia braucht bis zu ihrer Schlachtreife ca. 3 Jahre. In dieser Zeit lebt sie zwischen den hohen Futterpflanzen, wo sie sich auch selbstständig vermehrt. Die Flächen in den einzelnen Gehegen werden gar nicht mehr gemäht, weil sie dadurch mehr Ruhe hat und auch die welken Blätter fressen kann. Das Nahrungsangebot von Helix pomatia besteht ausschließlich aus Futterpflanzen wie Gelbsenf und Zichorie. Kraft- und Mineralfutter bekommt sie nicht. Am Ende der Wachstumsphase arbeiten sich die Erntehelfer von rechts nach links durch die einzelnen Gehege und lesen die Schnecken in die Netzbeutel auf.
Helix aspersa wird dagegen anders gehalten und gefüttert. Die Tiere werden wie Helix pomatia als Glasschnecken gekauft (11€/kg). Die geschlüpften Glasschnecken werden dann auf Bretter gesetzt, die über den Gehegen von Helix pomatia liegen und mit Schneckenmastfutter aus Getreide, Kalk, Vitaminen und Mineralen gefüttert. Ein Kilogramm Schnecken benötigen 2 Kilogramm Mastfutter (1 kg kostet 30 Cent). 6 Monate leben die Schnecken auf oder unter den Brettern, bis sie abgeerntet werden.

Insgesamt können 80 Prozent der beiden Rassen am Ende der Mastperiode geerntet werden, die restlichen 20 Prozent sind natürliche Verlust durch Frost, Sonne oder natürliche Feinde wie den Maulwurf. Pro Erntejahr sind dies rund 400 bis 500 kg Schnecken. Die Tiere werden dann nach Tschechien gebracht und dort geschlachtet, da die Fahrtkosten dort billiger sind als in Frankreich. Ähnlich wie Schalentiere werden die Schnecken im sprudelnd kochenden Wasser schnell abgetötet und nur der Kriechmuskel des Tiers weiterverwertet. Dieser wird dann in einem Weißweinsud in Gläser abgefüllt und für 11,95 € (zwölf Schnecken) über Feinkostläden und ab Hof vermarktet. Restaurants sind ebenfalls Kunden von Heinz Strache. Für 1 kg lebende Schnecken erhält der Züchter ungefähr 29 Euro.

Bisher kann Strache von der Schneckenzucht noch nicht ausschließlich leben, auch wenn er immer neue Marketingideen hat. Zum Beispiel bietet er zwischen Juni und Oktober individuelle Besucherführungen über das Gelände an mit anschließender Verkostungsmöglichkeit. Für die Zukunft hofft er auf eine bessere Akzeptanz beim Verbraucher, denn seine Leidenschaft lässt sich noch weiter ausbauen: zwei weitere Hektar stehen ihm noch zur Verfügung.

Quelle: DLZ agrarmagazin 11/2011