Biogaserzeugung bekommt Aufwind in der Schweiz
In der Schweiz stehen aktuell vier Atomkraftwerke, die 38 % des benötigten Stroms erzeugen. Zukünftig soll dieser Strom durch Energieeinsparung und erneuerbare Energien ersetzt werden. Bis zum Jahr 2050 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch um 50 % steigen. Schon heute decken erneuerbare Energien 57 % des Strombedarfs. Wasserkraftwerke stellen davon knapp 55 %. Biogas, Photovoltaik oder Windenergie decken heute allerdings erst 2 % des Energiebedarfs. Doch ihnen wird das stärkste Entwicklungspotenzial zugeschrieben.
Im Jahr 2009 hat die Politik die „Kostendeckende Einspeisevergütung“ (KEV) eingeführt. Ebenfalls wie beim deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten Erzeuger von Strom aus Biomasse, Wind oder Sonne eine feste Einspeisevergütung je Kilowattstunde (kWh). Ohne diese Förderung sind erneuerbare Energien allerdings nicht wettbewerbsfähig zu konventionellen Stromquellen. Der weitere Ausbau der neuen Energie wird davon abhängen, ob die Fördersumme erhöht wird und die große Nachfrage danach gesättigt werden kann.
Obwohl die Vergütung unsicher ist, ist das Interesse an erneuerbaren Energien groß. Beispiel Biogas: Aktuell gibt es 50 neuere Biogasanlagen, 80 Anlagen sind in Planung oder in Bau.
Biogaspionier Otto Wartmann aus dem Kanton Thurgau nahm 1999 seine Anlage mit 75 kW ans Netz, mittlerweile hat er 190 kW. In der Anlage vergärt er neben Rinder-, Schweinegülle und Grünabfällen auch Reststoffe aus Gewerbe- und Industriebetrieben. Für diese Cosubstrate erhält Wartmann einen Entsorgungserlös. Mit der Vermarktung des „ökologischen Mehrwerts“ seines Stroms konnte er zusätzliche Einnahmen erzielen. Im Jahr 2009 stieg Wartmann neben vielen anderen Anlagenbetreibern auf eine neue, höhere Vergütung um. Diese Vergütung setzt sich aus der Grundvergütung und einem Wärmebonus zusammen (wenn mehr als 20 % der Abwärme extern genutzt wird). Außerdem spielt der Landwirtschaftsbonus eine große Rolle: Wenn der Betreiber 80 % Biomasse (Wirtschaftsdünger und Reststoffe) aus dem eigenen Betrieb und maximal 20 % Cosubstrate einsetzt. Die meisten Landwirte entscheiden sich für diesen Bonus, da aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach industriellen Reststoffen (Cosubstraten) die Erlöse daraus immer weiter zurückgehen.
Ein weiteres Substrat, das weniger umkämpft ist, ist zum Beispiel Grüngut. Dieses fällt in den Haushalten der Gemeinden an und wird für die Biogaserzeugung verwendet. Zudem interessieren sich immer mehr Landwirte für Energiepflanzen. In den Zwischenfrüchten wird aktuell das größte Potenzial gesehen, da die Schweizer Regierung in ihrer Biomassestrategie vorsieht, dass Pflanzen zuerst als Nahrungsmittel oder Baustoff und erst am Ende als Energierohstoff genutzt werden dürfen.
Quelle: „Schweizer Bauern werden Energie-Profis“ aus top agrar Energiemagazin 4/2011